10 Wochen Bologna und mein erstes Kussverbot

10 Wochen Bologna. 10 Wochen – und weiterhin vergeht die Zeit für mich wie im Flug.

Ein Aspekt für den ich unglaublich dankbar bin, denn dies war im Vorfeld meine einzige Angst: Dass ich mich nicht wohlfühlen, mich zurückziehen und meine Zeit in Italien nur „absitzen“ würde. Nun ist das genaue Gegenteil eingetreten – ich habe fast jeden Tag der letzten 10 Wochen genossen. Warum nur fast werdet ihr im kommenden Blogpost erfahren.

Fahrt nach Rom. Klimaanlage. Verkühlung. Perfekt. Nachdem ich von meinem Spontantrip zu meiner Lieblingsjessy, einer Freundin von mir aus Wien die ihr Erasmussemester gemeinsam mit einer Mopslady in der italienischen Hauptstadt verbringen darf, zurückkam, fing das Halsweh schon an. Bereits im Flixbus, als sich über allen Sitzen die Klimaanlage einschaltete versuchte ich mir mein T-Shirt bis über die Ohren zu ziehen – zu lebendig waren die Erinnerungen an die Mittelohrentzündung die ich mir vor drei Jahren auf dem Rückweg von New York im eiskalten Flieger eingefangen hatte. Insofern – ich war gewappnet, eigentlich. Denn ich rechnete nicht mit dem was dann kam. Laut meiner hochprofessionellen Eigendiagnose waren schlichtweg meine Lymphknoten geschwollen, ein klarer Fall: Verkühlung, kein Grund sich zu schonen oder gar zu Hause zu bleiben. Als ich dann aber ein kleines Knötchen weiter unten am Hals entdeckte und den Fehler beging dies im Telefongespräch mit meiner Mutter zu erwähnen war mein Zugticket nach Innsbruck quasi schon gebucht. Trotzdem konnte ich Mutters davon überzeugen, dass auch in Italien die Menschen nicht von einfachen Verkühlungen dahingerafft werden und versprach ihr den Knoten einem italienischen Arzt zu zeigen. Meine Mitbewohnerinnen erklärten mir dann, dass es in Italien eigentlich so ist, dass jeden Familie einen „medico di famiglia“ zugeteilt bekommt, da ich aber keine italienische Staatsbürgerin sei mir nun aber selbst einen suchen müsse (Was ist das für 1 Konjunktiv). Schließlich bin ich bei einem alten dottore gelandet der mich nach einer Stunde Warten endlich durchcheckte und trocken meinte „Mandelentzündung“. Er schrieb mir ein Rezept für Antibiotikum, als nächstes gings in die farmacia. In Bologna gibt es gefühlt hunderte Farmacias, ich entschied mich aber für jene neben den due torri – ging eindeutig nach meinem Bauchgefühl, denn direkt daneben ist eine der besten Gelaterias der Stadt und wer hat sich nach einem Besuch beim Arzt kein Eis verdient?? Der Apotheker fluchte dann nur über das falsch geschriebene Rezept und erklärte mir wie es richtig ausgefüllt werden müsse. 3 Euro bezahlt, verabschiedet – in dem Glauben die Entzündung wäre ich in ein paar Tagen schon wieder los. – Falsch gedacht. Nach weiteren 2 Tagen brauchte ich in der Früh mindestens eine halbe Stunde um mich in ein schluckfähiges Wesen zu verwandeln, konnte ich dann endlich einen Schluck Wasser trinken wollte ich vor Schmerzen an die Wand gehen und mein Kopf fühlte sich an als hätte ihn jemand mit Zement gefüllt. Als dann die Schmerzen auch noch Richtung Ohren wanderten war es bei mir vorbei. Ich bin eindeutig kein wehleidiger Mensch aber sowas hab ich auch noch nicht erlebt. Alles wieder zurück auf Anfang und back zu meinem Lieblingsdoktor. Der schaute mir in den Hals und sagte nur „Ma che tonsille!!!!“ – Was soviel heißt „Oh was für Mandeln !“ – Ja oh was für Mandeln – “Bitte schneid sie mir einfach raus oder schlag mich instantly bewusstlos, es wäre mir egal”  – waren meine einzigen Gedanken in dem Moment. Stattdessen bekam ich Rezepte für Schmerzmittel, Ohrentropfen und einer Überweisung zum HNO. In Italien ist es nämlich so, dass man als „Auswärtige“ seine Arzttermine bei Spezialisten in der Farmacia ausmacht – demnächst frag ich ob die Farmacia auch ein Mittagsmenü anbietet. In der Apotheke wurde ich schon mit „Ciao – ahhh la ragazza austriaca“ begrüßt. Von da an war ich dann fast alle 2 Tage dort. Einmal um endgültig einen HNO Termin auszumachen und einmal um mir neue Schmerzmittel zu holen. Meinen Lieblingsapotheker hatte ich inzwischen adoptiert, die anderen Angestellten ignorierten mich und ich sie. Meine Rezepte vom Arzt füllte ich inzwischen auch selbst aus- Auf mein stolzes „Das Rezept hab ich ganz alleine ausgefüllt““ bekam ich jedoch nur ein müdes Lächeln geschenkt. Die Zeit bis ich endlich meinen HNO Termin hatte war nur eines – furchtbar. Ich war den ganzen Tag im Bett und meine Aktivitäten ähnelten jenen eines fiebrigen Pandas. Abgesehen davon, dass Pandas auch ohne Schmerzmittel ihr Essen runterbekommen. Auf die morgendliche Frage meiner Mitbewohnerinnen wie es mir denn heute ginge antwortete ich nur röchelnd mit „Male“, „Non riesco a degluttire“ (Ich kann nicht schlucken) oder in meiner dramatischen Phase “Potresti uccidermi per favore?” (Könntest du mich bitte umlegen?).  Am Tag meines HNO Termines ging es mir dann aber schon um einiges besser. In der Praxis, 20 Minuten raus aus Bologna, fühlte ich mich nun um eindeutig besser aufgehoben als bei meinem, trotz allem, Lieblingshausarzt. Nach der Untersuchung erklärte mir der behandelnde Arzt, dass er die Vermutung habe, dass es „Mononucleosis“ sei – Keine Zeit um das zu googlen. Auf jeden Fall musste ich dann wieder in die Farmacia um zu erfahren, dass man Termine für Blutuntersuchungen direkt im Labor ausmachen müsse. Ich war fast beleidigt – fühlte sich meine Farmacia nicht mehr für mich zuständig ? Nach einer Woche waren die Blutergebnisse da mit denen es schnurstracks zu meinem Hausarzt ging der nur schmunzelte, eine Augenbraue hob und sagte: „Ja Sie haben Pfeiffersches Drüsenfieber“. Inzwischen weiß ich auch, dass diese Krankheit den Beinamen „Kusskrankheit“ oder „Studentenfieber“ hat und eben hauptsächlich durch seeeeeeeehr engen Kontakt zwischen Menschen übertragen wird. Natürlich verstand ich seine Vorurteile – Blondes österreichisches Mädel, auf Erasmus in Bologna – da wird schon mal geknutscht. In meinem Fall saß aber der letzte Bursche den ich geküsst hatte in Wien und der letzte Kuss war einige Wochen her. Zum Abschied sagte mein dottore circa 10 Mal, dass ich niemanden küssen sollte worauf ich dann leicht genervt mit „Wie siehts mit meinen Feinden aus?“ reagierte und daraufhin schallendes Gelächter kassierte. Grazie.

Alla fine hatte ich nach ein paar Tagen dann noch eine Ultraschalluntersuchung um die Größe meiner Milz zu checken, die aber Gott sei Dank nicht vergrößert war und ich deswegen auch kein Sportverbot sondern nur den Hinweis bekam mich in der nächsten Zeit nicht zu überanstrengen. Nichts lieber als das – Überanstrengung find ich eh nicht so prickelnd. In conclusione, jetzt geht’s mir endlich wieder sehr gut, wenn ich erzähle dass ich Pfeiffersches Drüsenfieber hatte reagieren die meisten weiterhin mit „Du weißt schon dass das auch Küsserkrankh…“ – JA VERDAMMT ICH WEIß DAS –  und beim Vorbeigehen an der Apotheke winke ich ab und zu wehmütig meinem favourite Farmacista…

Ansonsten war ich wieder auf Reisen, habe meine ersten beiden Gäste gehostet, hab geschminkt, geschlemmt, war auf der Uni, hab “Spriiiitz” verkostet und vieles mehr – aber da sprechen die Bilder wohl eher für sich!

Um ein bisschen mehr auf die Städte einzugehen die ich in letzter Zeit besucht habe wird es einen eigenen Beitrag geben.

  • Ravenna
  • Rimini
  • Urbino
  • Fano
  • Bologna – San Luca
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